Bio-Zertifizierung für Lebensmittel in der Schweiz
Die Bio-Zertifizierung in der Schweiz gewinnt für Produzenten, Verarbeiter und Händler immer mehr an Bedeutung. Wer seine Lebensmittel als «Bio» vermarkten möchte, muss wissen, wann eine Zertifizierung Pflicht ist und wie der Ablauf genau funktioniert.
In diesem Artikel erfährst du, wer sich zertifizieren lassen muss, welche gesetzlichen Anforderungen gelten und welche Schritte auf dem Weg zur Bio-Zertifizierung nötig sind. Damit du deine Produkte rechtssicher als Bio vermarkten kannst.
Wer braucht eine Bio-Zertifizierung?
Grundsätzlich gilt: Alle Betriebe, die Bio-Produkte herstellen, verarbeiten, lagern, importieren oder verpacken, benötigen eine gültige Bio-Zertifizierung nach der Bio-Verordnung (SR 910.18). Weitere Infos zur Bio-Zertifizierung findest du auf der Website des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW).
Zertifizierungspflichtige Betriebe
- Hersteller und Verarbeiter, die Bio-Zutaten zu neuen Lebensmitteln verarbeiten (z. B. Bäckereien, Mühlen, Getränkehersteller)
- Importeure, die Bio-Produkte aus der EU oder Drittstaaten in die Schweiz einführen
- Abpacker und Lagerhalter, wenn sie Bio-Produkte umverpacken oder neu kennzeichnen
Ausnahmen
Nicht jeder Betrieb braucht automatisch eine Zertifizierung. Reine Handelsbetriebe, die ausschliesslich bereits verpackte und gekennzeichnete Bio-Produkte weiterverkaufen, sind in der Regel von der Pflicht befreit. Trotzdem müssen sie sicherstellen, dass ihre Lieferanten zertifiziert sind und alle Produkte korrekt deklariert werden. Der Import von allen Bio-Lebensmitteln in die Schweiz ist allerdings zertifizierungspflichtig. Damit soll sichergestellt werden, dass die Anforderungen der Schweizer Bio-Verordnung eingehalten werden. Nicht zertifizieren lassen, müssen sich auch Gastronomiebetriebe und Restaurants.
Tipp: Auch bei Mischformen (z. B. ein Händler, der zusätzlich Eigenmarken abfüllt) kann eine Zertifizierung nötig sein. Es lohnt sich daher, vorab eine unverbindliche Einschätzung durch eine Fachperson einzuholen.
Ablauf der Bio-Zertifizierung in der Schweiz
Der Weg zum Bio-Zertifikat gliedert sich in mehreren klar definierten Schritten. Der Prozess ist in der Schweiz standardisiert und wird von staatlich anerkannten Zertifizierungsstellen durchgeführt.
1. Vorbereitung und Selbsteinschätzung: Bevor du dich anmeldest, prüfe, ob dein Betrieb alle Grundvoraussetzungen erfüllt:
- Du verwendest ausschliesslich Bio-zertifizierte Rohstoffe.
- Alle Lieferanten verfügen über gültige Bio-Zertifikate.
- Produktion, Lagerung und Transport sind getrennt von konventionellen Produkten
2. Anmeldung bei einer Zertifizierungsstelle
Wähle eine vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) anerkannte Kontrollstelle. Nach der Anmeldung erhältst du ein Formular, in dem du deine Tätigkeiten und Lebensmittel beschreibst.
3. Erstkontrolle vor Ort
Ein Bio-Kontrolleur besucht deinen Betrieb, prüft Prozesse, Dokumente und Rückverfolgbarkeit. Dabei geht es nicht um die Sicherstellung der Einhaltung der Richtlinien.
4. Zertifikatserteilung
Wenn alle Anforderungen erfüllt sind, stellt die Zertifizierungsstelle ein offizielles Bio-Zertifikat aus. Dieses gilt in der Regel ein Jahr.
5. Jährliche Kontrolle
Jeder zertifizierte Betrieb wird mindestens einmal jährlich überprüft. Zusätzliche Stichprobenkontrollen können unangekündigt erfolgen.
Tipp: Führe von Anfang an eine saubere Dokumentation über alle Lieferanten, Wareneingänge, Produktionsschritte und Lagerbewegungen. Das spart dir bei der Erstkontrolle Zeit und hinterlässt einen professionellen Eindruck bei der Kontrollstelle.
Kosten und Dauer der Bio-Zertifizierung in der Schweiz
Die Kosten und der Zeitaufwand für eine Bio-Zertifizierung hängen von der Grösse und Art des Betriebs ab. Entscheidend ist, wie viele Lebensmittel, Produktionsschritte und Standorte geprüft werden müssen.
Grundsätzlich gilt: Eine Bio-Zertifizierung ist kein bürokratisches Monster, aber sie erfordert eine gute Vorbereitung und etwas Budgetplanung.
Bei einem kleinen Betrieb muss für die Kontrolle vor Ort mit mindestens 1 bis 2 Stunden Aufwand gerechnet werden. Während dieser Zeit müssen die erforderlichen Dokumente, Abläufe usw. dem Auditor gezeigt werden. Für die Zertifizierung deines kleinen Betriebes musst du mit Kosten von mindestens CHF 700.- (eher mehr) rechnen.
In einem grossen Betrieb kann die Kontrolle vor Ort auch bis zu einem ganzen Tag dauern. Dabei fallen dementsprechend höhere Kosten an.
Tipp: Bereite dich gut auf die Bio-Kontrolle vor und halte alle nötigen Dokumente bereit, denn auch das spart Kosten.
Wie lange dauert die Zertifizierung?
Der Prozess bis zum Erhalt des Bio-Zertifikats dauert in der Regel 4 bis 8 Wochen, abhängig von:
- der Vollständigkeit deiner Unterlagen
- der Auslastung der Zertifizierungsstelle
- der Komplexität deiner Produktion
Für bestehende Betriebe mit guter Dokumentation kann die Zertifizierung auch deutlich schneller erfolgen. Neu gegründete Unternehmen sollten hingegen mindestens zwei Monate Vorlaufzeit einplanen.
Tipp zur Zeitplanung: Der Prozess muss vor der Produkteinführung oder dem ersten Bio-Verkauf abgeschlossen sein. Produkte dürfen erst nach Ausstellung des Zertifikats als Bio gekennzeichnet oder beworben werden. Ein vorzeitiger Verkauf gilt rechtlich als Täuschung und kann geahndet werden.
Die Bio-Zertifizierung ist mit überschaubarem Aufwand verbunden. Vorausgesetzt, du bist gut vorbereitet. Ein transparenter Produktionsprozess, vollständige Rückverfolgbarkeit und eine klare Dokumentation sind die beste Grundlage, um Zeit und Kosten zu sparen.
Unterschiede EU-Bio – Schweizer Bio – Knospe
In der Schweiz begegnet man mehreren Bio-Bezeichnungen. Wichtig ist: Obwohl alle drei Standards „Bio“ heissen, unterscheiden sie sich in ihren Anforderungen.
Zwischen dem EU-Bio- und CH-Bio-Label gibt es nur noch wenige Unterschiede, da Schweiz regelmässig die EU-Bio-Verordnung nachvollzieht. Knospe-Produkte unterliegen jedoch zusätzlichen strengeren Richtlinien. Unterschiede bestehen zum Beispiel bezüglich Zutaten, Verarbeitungsverfahren oder Import. Gewisse Verarbeitungsverfahren sind für Knospe-Produkte nicht erlaubt. Auch sind weniger Zusatzstoffe erlaubt als gemäss der Schweizer Bio-Verordnung.
Diese Unterlagen brauchst du für die Bio-Zertifizierung
Damit die Bio-Zertifizierung möglichst reibungslos verläuft, solltest du frühzeitig die wichtigsten Dokumente und Nachweise zusammenstellen:
- Sortimentsliste: Halte eine Liste mit all deinen Bio-Produken bereit.
- Lieferantenliste und Spezifikationen: Sämtliche Lieferanten, von denen du Bio-Rohstoffe beziehst, müssen eine gültige Bio-Zertifizierung besitzen. Zudem solltest du von allen Rohstoffen und Verpackungsmaterialien Spezifikationen/Konformitätserklärungen griffbereit haben.
- Rezepturen und Herstellungsbeschriebe: Dokumentiere detailliert alle eingesetzten Zutaten und Verarbeitungsschritte. Das hilft bei der Rückverfolgbarkeit und zeigt die Einhaltung der Bio-Richtlinien.
- Rückverfolgbarkeit: Dokumentiere Chargen, Produktions- und Lieferdaten sorgfältig, damit jederzeit nachvollziehbar ist, woher deine Produkte stammen und wohin sie gehen. Halte Lieferschiene und Rechnungen bereit.
- Produkt-Etiketten: Die Etiketten deiner Lebensmittel sollten vorgelegt werden können.
- Warenbilanz: Anhand eines Produktes/einer Charge muss eine Warenbilanz erstellt werden können.
Die 5 häufigsten Fehler bei der Bio-Zertifizierung – und wie du sie vermeidest
Viele Betriebe scheitern nicht an den Anforderungen selbst, sondern an vermeidbaren Fehlern. Achte auf folgende Punkte:
1. Abgelaufene oder fehlende Lieferantenzertifikate: Kontrolliere regelmässig, ob alle Lieferanten aktuell zertifiziert sind.
2. Keine Trennung von Bio- und konventionellen Produkten: Sorge für klare Lagerung und Produktionslinien, um Vermischungen zu vermeiden.
3. Unklare oder fehlende Dokumentation der Rezepturen: Halte alle Zutaten und Verarbeitungsschritte schriftlich fest, auch bei Rezeptänderungen.
4. Unsachgemässe Verwendung des Bio-Logos: Verwende Bio-Labels nur nach Erhalt des Zertifikats und entsprechend den Richtlinien.
5. Unvollständige oder fehlende Aufzeichnungen: Eine lückenlose Dokumentation ist Pflicht und erleichtert Kontrollen enorm.
Mit guter Vorbereitung zur erfolgreichen Bio-Zertifizierung
Die Bio-Zertifizierung schafft Vertrauen bei deinen Kundinnen und Kunden und eröffnet dir neue Marktchancen. Mit einer sorgfältigen Vorbereitung vermeidest du Fallstricke, sparst Zeit und Kosten. Starte frühzeitig damit, deine Prozesse zu dokumentieren und die notwendigen Nachweise zu sammeln. So bist du bestens gerüstet für die Kontrollen und kannst deine Bio-Lebensmittel vermarkten.
Falls du unsicher bist, welche Schritte für deinen Betrieb relevant sind oder du Unterstützung brauchst, lohnt sich die Kontaktaufnahme mit einer anerkannten Kontrollstelle oder eine Fachberatung einzuholen.
aktualisiert am 23.10.2025

